Hausbesetzungen in Spanien – in der Landessprache als „okupaciones“ bekannt – stellen im Kontext der aktuellen Rechtslage seit Jahren ein wachsendes Problem dar. In den letzten fünf Jahren wurden fast 91.000 Fälle illegaler Wohnungsbesetzungen gemeldet. Dies sorgt für erhebliche öffentliche Besorgnis und politischen Handlungsdruck. Besonders betroffen sind sowohl Eigentümer als auch Mieter, die sich plötzlich mit illegalen Besetzern konfrontiert sehen. In Spanien gibt es zwei Rechtswege um gegen Hausbesetzungen vorzugehen. Zum einen das Strafverfahren nach dem spanischen Strafgesetzbuch (Código Penal, kurz: CP) und zum anderen das Zivilverfahren nach der Zivilprozessordnung (Ley de Enjuiciamiento Civil, kurz: LEC). Dieser Bericht gibt einen Überblick über die aktuelle Gesetzeslage und die neuen Entwicklungen im Jahr 2025.
Hausbesetzungen in Spanien: Strafrechtliche Verfahren (Art. 202/245 CP)
Bei Hausbesetzungen unterscheidet Spanien zwischen zwei Arten von Delikten:
- Hausfriedensbruch (Allanamiento de morada): Eindringen oder Verweilen in einer bewohnten Wohnung ohne Erlaubnis.
- Besitzergreifung (Usurpación): Besetzung von leerstehenden oder unbewohnten Immobilien ohne Zustimmung des Eigentümers.
Strafen und Sanktionen
- Hausfriedensbruch (Allanamiento de morada): Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 2 Jahren
- Hausfriedensbruch mit Gewalt: Freiheitsstrafe von 1 bis 4 Jahren plus Geldstrafe
- Usurpación (Besetzung von Leerstand): Geldstrafe von 3 bis 6 Monaten
- Usurpación mit Gewalt: Freiheitsstrafe von 1 bis 2 Jahren
Gesetzesreform 2025: Einführung von beschleunigten Verfahren „Juicios Rápidos“
Bis 2025 waren Strafverfahren infolge von Hausbesetzungen in Spanien oft langwierig und dauerten je nach Komplexität und Gerichtslast nicht selten bis zu zwei Jahre. Eine Reform der Strafprozessordnung (Ley de Enjuiciamiento Criminal, LECrim), die 2025 in Kraft getreten ist, ermöglicht nun beschleunigte Verfahren (juicios rápidos).
Wichtige Änderungen durch die Reform:
- Einführung des Schnellverfahrens für Hausbesetzungen
- Illegale Hausbesetzungen nach Art. 202 und Art. 245 CP werden nun in die Liste der schnell zu verhandelnden Delikte aufgenommen.
- Dies ermöglicht es, solche Fälle in einem vereinfachten Verfahren innerhalb von (idealerweise) 15 Tagen ab Anklageerhebung abzuschließen.
- Ziel ist es, Gerichtsverfahren massiv zu beschleunigen und das bisherige lange Warten auf Urteile zu verhindern.
- Erweiterte polizeiliche Eingriffsrechte
- Die Polizei kann nun bei frischer Tat (innerhalb der ersten Stunden oder Tage nach der Besetzung) sofort eingreifen und Besetzer aus der Wohnung entfernen.
- Dies ist besonders für den Tatbestand des Allanamiento de morada, des Hausfriedensbruchs nach Art. 202 CP relevant, aber auch für Usurpaciones, wenn ein offensichtlicher Fall vorliegt.
- Falls ein Eigentümer nachweisen kann, dass die Besetzung erst kürzlich stattgefunden hat, kann die Polizei sofort räumen – ohne dass zwingend ein Gerichtsentscheid abgewartet werden muss.
- Schnellere Räumungsanordnungen im Strafprozess
- Früher musste ein strafrechtliches Verfahren oft erst abgeschlossen sein, bevor eine gerichtliche Räumung angeordnet wurde.
- Mit der neuen Reform kann der Strafrichter bereits in einem früheren Verfahrensstadium eine einstweilige Räumung anordnen, sodass Eigentümer nicht mehr monatelang auf den Ausgang des Prozesses warten müssen.
- Diese vorläufigen Räumungen sind nun für alle Fälle von Hausfriedensbruch und Usurpación möglich, sofern die Besetzer keinen gültigen Nutzungsnachweis, wie zum Beispiel einen Mietvertrag, vorlegen.
Hausbesetzungen in Spanien: Zivilrechtliche Verfahren (Art. 250 LEC)
Neben dem Strafrecht bietet Spanien seit 2018 eine schnelle zivilrechtliche Lösung, um sich gegen illegale Hausbesetzungen zu wehren. Diese basiert auf Art. 250 der spanischen Zivilprozessordnung (Ley de Enjuiciamiento Civil, LEC) und wird als Express-Räumungsklage (desahucio por precario) bezeichnet.
Ablauf des Express-Räumungsverfahrens bei Hausbesetzungen in Spanien
Einreichen der Klage beim zuständigen Amtsgericht („Juzgado de Primera Instancia“)
- Der Eigentümer muss einen Eigentumsnachweis erbringen, um die Legitimation zur Klage zu belegen (z. B. Grundbuchauszug, die nota simple del Registro de la Propiedad).
- Falls es sich um einen Mieter handelt, muss ein gültiger Mietvertrag vorgelegt werden.
- Die Klage richtet sich gegen die unbekannten oder bekannten Besetzer der Immobilie.
Gerichtliche Zustellung der Klage an die Besetzer
- Falls die Besetzer namentlich nicht bekannt sind, wird die Klage per Gerichtsvollzieher an der Tür der besetzten Immobilie angebracht.
- Dies stellt sicher, dass alle anwesenden Besetzer in das Verfahren einbezogen werden – selbst wenn ihre Identität unklar ist.
5-Tage-Frist für die Besetzer zur Vorlage eines Nutzungsnachweises
- Die Besetzer haben fünf Werktage Zeit, dem Gericht ein Dokument vorzulegen, das ihre rechtmäßige Nutzung der Immobilie beweist.
- Dies kann beispielsweise sein: Ein gültiger Mietvertrag mit dem Eigentümer, ein Kaufvertrag über das Objekt oder ein Erb- oder Nießbrauchsrecht (usufructo)
Kein Nachweis = Automatische Räumungsanordnung
- Falls innerhalb der 5-Tage-Frist kein gültiges Dokument vorgelegt wird, erlässt das Gericht eine sofortige Räumungsanordnung (auto de desalojo inmediato).
Zwangsräumung durch Gerichtsvollzieher und Polizei
- Nach der Räumungsanordnung wird eine Frist zur freiwilligen Räumung festgelegt (normalerweise zehn bis 15 Tage).
- Falls die Besetzer nicht freiwillig gehen, wird die Zwangsräumung durch Gerichtsvollzieher und in der Regel mit Unterstützung der Polizei durchgeführt.
Verzögerungen durch soziale Schutzmaßnahmen
Ein Problem bei illegalen Hausbesetzungen in Spanien bleibt: Wegen sozialer Schutzregeln können Zwangsräumungen für sozial schwache Besetzer bis voraussichtlich Ende 2025 ausgesetzt werden. Dies betrifft zum Beispiel Familien mit minderjährigen Kindern oder Personen ohne Alternativunterkunft.
Strafrecht vs. Zivilrecht: Was ist der bessere Weg?
Ob Strafrecht oder Zivilrecht der bessere Weg ist, um eine illegale Hausbesetzung zu beenden, hängt von mehreren Faktoren ab. Beide Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile, und die beste Strategie kann je nach Situation variieren.
Kriterium | Strafrecht (Art. 202/245 CP) | Zivilrecht (Art. 250 LEC) |
---|---|---|
Schnelligkeit | Schnell (bei Hausfriedensbruch sofort; sonst ca. 15 Tage) | Sehr schnell (Räumung oft innerhalb weniger Wochen) |
Polizeieinsatz | Sofort möglich (bei Hauptwohnsitz oder frischer Tat) | Nur nach Gerichtsbeschluss |
Gerichtsverfahren | Strafprozess, evtl. längere Ermittlungen | Einfaches Verfahren, oft schneller |
Räumung durch Polizei | Nicht automatisch | Ja, nach Urteil |
Strafen für Besetzer | Geld- oder Haftstrafen | Keine Strafen, nur Räumung bzw. Wiederherstellung des Besitzes |
Hemmende Faktoren | Komplexität des Sachverhalts, Beweislage, keine „frische Tat“ können strafrechtliche Verfahren verzögern | Sozialschutz kann Räumung verzögern |
Beste Wahl für: | Hauptwohnsitz, frische Besetzung, kriminelle Gruppen | Leerstehende Immobilien, private Eigentümer |
Allerdings: Die beste Wahl hängt immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls, den Prioritäten des Eigentümers (schnelle Räumung vs. Bestrafung der Täter) und den spezifischen Gegebenheiten der Hausbesetzung ab. In vielen Fällen kann es sinnvoll sein, beide Wege zu prüfen und gegebenenfalls zu kombinieren, also Strafanzeige erstatten und gleichzeitig zivilrechtliche Räumungsklage einreichen, um die bestmögliche Strategie zu entwickeln. In jedem Fall ist eine Rechtsberatung durch einen Anwalt, der auf Immobilienrecht und „Okupación“ spezialisiert ist, dringend zu empfehlen.
Fazit
Insgesamt lässt sich sagen, dass Spanien im Jahr 2025 über verbesserte und effektivere rechtliche Instrumente zur Bekämpfung illegaler Hausbesetzungen verfügt als noch vor einigen Jahren. Die Rechtslage, beziehungsweise die Reformen haben die Situation für Eigentümer in vielen Aspekten verbessert. Dennoch bleibt die Bekämpfung illegaler Hausbesetzungen eine komplexe Herausforderung, die eine sorgfältige Einzelfallprüfung und professionelle Rechtsberatung erfordert. Darüber hinaus ist es für Eigentümer ratsam, selbst aktiv zu werden und präventive Maßnahmen anzuwenden, um das Risiko einer Besetzung von vornherein zu minimieren. Durch eine Kombination aus proaktiver Prävention und der Kenntnis der verbesserten rechtlichen Möglichkeiten können Eigentümer ihre Immobilien in Spanien im Jahr 2025 besser schützen und sich gegen die negativen Folgen illegaler Hausbesetzungen zur Wehr setzen.