Die EUDI-Wallet (European Digital Identity Wallet) wird voraussichtlich ab 2026 den Alltag von EU-Bürgern grundlegend verändern. Diese digitale Brieftasche auf Ihrem Smartphone soll dann offizielle Dokumente wie Personalausweis, Führerschein und Reisepass sicher aufbewahren und EU-weit verwendbar machen. Anders als herkömmliche Identitäts (ID)-Lösungen ermöglicht die EUDI-Wallet Behördengänge, Bankkontoeröffnungen und das Reisen ohne physische Dokumente. Die Nutzung der digitalen EU-Brieftasche wird, so der aktuelle Stand, „völlig freiwillig“ sein.
Wie die EUDI-Wallet Ihren Alltag erleichtern soll
Informationen zur digitalen Brieftasche der EU, EUDI-Wallet, gibt es auf der Webseite der Europäischen Kommission. Einige Vorteile, die die digitale Brieftasche verspricht, gibt es schon einmal vorab:
Banking der Zukunft: Kontoeröffnung in ein paar Klicks
Heute: Wer ein Bankkonto eröffnen möchte, muss häufig persönlich in der Filiale erscheinen oder komplizierte Video-Ident-Verfahren durchlaufen. Ausweisdokumente müssen kopiert und Formulare mehrfach unterschrieben werden.
Mit der EUDI-Wallet: Sie können ein Bankkonto komplett digital eröffnen. Die Bank greift mit Ihrer Erlaubnis auf die verifizierten Identitätsdaten in Ihrer Wallet zu und prüft diese automatisch.
Alltagsbeispiel: Frau Müller (58) möchte bei einer Direktbank ein Tagesgeldkonto eröffnen. Statt zur Post zu gehen oder einen Videoanruf zu vereinbaren, entsperrt sie einfach ihre EUDI-Wallet mit ihrem Fingerabdruck und gibt der Bank die Erlaubnis, ihre Identität zu überprüfen. In wenigen Minuten ist das Konto eröffnet.
Gesundheitswesen: Medikamente per Wallet-Code
Heute: Rezepte auf Papier, Versichertenkarte im Portemonnaie, Befunde in Aktenordnern – im Gesundheitswesen herrscht oft noch Zettelwirtschaft.
Mit der EUDI-Wallet: E-Rezepte, Versicherungsnachweise und eventuell sogar wichtige Gesundheitsinformationen können sicher in der Wallet gespeichert werden.
Alltagsbeispiel: Herr Schmidt (65) erhält vom Arzt ein Rezept für sein Blutdruckmittel. Statt eines Papierrezepts wird es direkt in seine EUDI-Wallet übertragen. In der Apotheke zeigt er einfach sein Smartphone vor – die Apothekerin scannt den Code und händigt das Medikament aus. Besonders praktisch: Er muss nicht mehr alle seine Versicherungskarten mitführen.
Behördenkontakt 2.0: Amtsgänge vom Sofa aus
Heute: Behördengänge bedeuten oft Wartezeiten, Papierkram und mehrfache Besuche. Formulare müssen ausgedruckt, ausgefüllt und persönlich abgegeben werden.
Mit der EUDI-Wallet: Sie können sich bei Behördenportalen anmelden und Anträge digital stellen – mit rechtsgültiger elektronischer Unterschrift.
Alltagsbeispiel: Frau Weber (72) benötigt eine neue Meldebescheinigung (empadronamiento). Statt zum Rathaus zu fahren, loggt sie sich mit ihrer EUDI-Wallet auf dem Behördenportal ein. Das System erkennt automatisch ihre Identität und ihre Adresse. Mit wenigen Klicks beantragt sie die Bescheinigung und erhält sie digital in ihre Wallet. Falls nötig, kann sie das Dokument ausdrucken oder digital weiterleiten.
Einkaufen mit Altersverifikation
Heute: Beim Kauf von altersbeschränkten Produkten wie Alkohol muss man oft seinen Ausweis vorzeigen – sowohl im Laden als auch online.
Mit der EUDI-Wallet: Das System bestätigt nur, dass Sie alt genug sind, ohne dass alle Ihre persönlichen Daten geteilt werden müssen.
Alltagsbeispiel: Herr Bauer (55) bestellt online einen hochwertigen Whisky. Beim Bezahlvorgang wird er nach einer Altersverifikation gefragt. Mit einem Klick in seiner EUDI-Wallet bestätigt er, dass er über 18 Jahre alt ist – ohne sein genaues Geburtsdatum preiszugeben. Der Shop erhält nur die Information „Kunde ist volljährig“, nicht seine kompletten Ausweisdaten.
Reisen ohne Papiersuche
Heute: Reisepass, Hotelreservierung, Mietwagenbuchung, Bahntickets – wer reist, hat oft viele Dokumente dabei.
Mit der EUDI-Wallet: Reisedokumente können zentral gespeichert und bei Bedarf vorgezeigt werden.
Alltagsbeispiel: Das Ehepaar Klein (beide 60) macht Urlaub in Spanien. An der Hotelrezeption müssen sie sich nicht mehr mit Reisepass und ausgedruckter Buchungsbestätigung anmelden. Ein kurzer Blick auf ihre EUDI-Wallet genügt, und die Identitätsprüfung ist erledigt. Auch den Mietwagen können sie mit dem digitalen Führerschein in ihrer Wallet übernehmen.
Bildungsnachweise immer zur Hand
Heute: Zeugnisse, Zertifikate und andere Bildungsabschlüsse existieren oft nur auf Papier und müssen bei Bedarf als beglaubigte Kopien vorgelegt werden.
Mit der EUDI-Wallet: Bildungszertifikate können digital hinterlegt und jederzeit vorgezeigt werden.
Alltagsbeispiel: Frau Neumann (52) bewirbt sich für eine Weiterbildung. Statt ihre Zeugnisse zu kopieren und zu versenden, kann sie ihre Bildungsabschlüsse direkt aus ihrer EUDI-Wallet freigeben. Die Bildungseinrichtung erhält sofort verifizierte Informationen über ihre Qualifikationen.
Verträge digital unterschreiben
Heute: Verträge werden oft ausgedruckt, unterschrieben, eingescannt und zurückgeschickt – oder man vereinbart persönliche Termine zur Unterzeichnung.
Mit der EUDI-Wallet: Sie können Verträge direkt auf Ihrem Smartphone rechtsgültig unterschreiben.
Alltagsbeispiel: Herr Wagner (41) schließt einen neuen Handyvertrag ab. Der Anbieter sendet ihm den Vertrag digital zu. Mit seiner EUDI-Wallet kann er den Vertrag direkt auf seinem Smartphone rechtsgültig unterschreiben – ohne Drucker, ohne Scanner und ohne Postweg. Der Vertrag ist sofort wirksam.
Die Nutzung der geplanten EUDI-Wallet soll zunächst freiwillig sein. Kritiker:innen befürchten jedoch, dass sich dies ändern könnte – etwa durch indirekten Druck von Unternehmen oder Behörden, die digitale ID zur Voraussetzung für Dienstleistungen machen.
Fazit: Balanceakt zwischen Komfort und Kontrolle im Alltag des Nutzers
Die EUDI-Wallet markiert einen Paradigmenwechsel in unserem Alltag: Sie transformiert das Smartphone vom Kommunikations- zum Identitätsmanager. Die Vorteile sind klar – Behördengänge in der EU werden beschleunigt und die Effizienz der Verwaltung verbessert. Es gibt jedoch auch wichtige Herausforderungen zu meistern. Der Datenschutz darf nicht aus den Augen verloren werden, denn sonst könnte die Wallet ähnlich wie Internet-Cookies genutzt werden, um Nutzer:innen heimlich online nachzuverfolgen. Des Weiteren sollte die Verwendung tatsächlich freiwillig bleiben. Denn es besteht die Gefahr, dass die Freiwilligkeit durch indirekten Druck oder Zwang verwässert wird. Das bedeutet: Obwohl die Nutzung der Wallet formal freiwillig sein soll, könnten bestimmte Dienste oder Behörden die Verwendung der Wallet als bevorzugte oder sogar einzige Methode für den Identitätsnachweis anbieten.